UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

Donnerstag, 23. Oktober 2003
    

  

Neue Klinik schließt Versorgungslücke

Von Ute Glaser

14 Jahre dauerte es vom ersten Antrag bis zur Fertigstellung des Klinikbaus. Jetzt finden Menschen aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis stationär oder in der Tagesklinik ortsnah Hilfe, wenn die Seele krank ist. Staunend sehen sich Besucher(innen) um: Der Neubau der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik passt nicht ins Klischee. Modern und mediterran zeigt sich die Fassade; Gelbtöne in den Fluren bringen sonnige Stimmung ins Haus.

Das Besondere der neuen Einrichtung: Sie ist in ein Allgemeinkrankenhaus integriert, ins Evangelische Krankenhaus (EVK) Bergisch Gladbach. Für dieses bedeutet die Klinik ein Zukunft sicherndes, bettenstarkes Standbein. Für die Region bedeutet sie das Ende einer Versorgungslücke. Der Rheinisch-Bergische Kreis verfügt nun als letzter Kreis in Nordrhein-Westfalen über eine klinisch-psychiatrische Versorgung. Dank des langen Atems des Evangelischen Krankenhauses (EVK) in Gladbach. Vor 14 Jahren hat es den ersten Antrag zum Aufbau dieser Klinik gestellt. "Wir haben von der schlechten Baukonjunktur profitiert", freute sich EVK-Geschäftsführer Harald Januschewski bei der Einweihung.

Beim Bau konnte die Fördersumme von 7,62 Millionen Euro eingehalten werden. Zudem freute er sich über ein Kompliment von Gertrud Bergkemper-Marks, Abteilungsdirektorin der Bezirksregierung. Nach deren Ansicht gehöre das EVK "zu den führenden Häusern der Region". Mitarbeiter(inne)n und Patient(inn)en wurden seit Ende 2000 allerdings Zeit viel Geduld abverlangt. Sie mussten Baulärm, Staub und manche Unannehmlichkeit in Kauf nehmen. Entstanden sind nach den Plänen von Architekt Josef Happ drei Stationen mit 54 Betten. Und 40 neuen Arbeitsplätzen. Die Stationen gliedern sich nach dem störungsspezifischen Behandlungskonzept der Klinik: Sandor-Ferenczi-Station für Persönlichkeitsstörungen und Traumata, Michael-Balint-Station für Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen, Anpassungs-, Ess- und Somatisierungsstörungen sowie Frieda-Fromm-Reichmann-Station für Psychosen und akute Krisen.

Außerdem gibt's Räume für Körper-, Gestaltungs-, Kunst- und manch andere Spezialtherapie.

Platz finden soll hier - "so schnell wie möglich" - auch die Institutsambulanz, für die das Geld bereits bewilligt sei, sagt Professor Dr. Ulrich Schultz-Venrath. Der Nervenarzt und Arzt für Psychotherapeutische Medizin leitet die Klinik, zu der neben dem stationären Bereich 18 Plätze der Tagesklinik im alten "Wohlfahrtshaus" gehören. Der Start kam nicht aus dem Nichts: Chefarzt und Team haben die Klinik seit 1999 in provisorischen Räumen aufgebaut - mit 18 tagesklinischen und 24 stationären Plätzen. Das EVK investierte Eigenmittel in siebenstelliger Höhe, um diesen frühen Start hinzubekommen. Zahlen belegen, dass das Angebot ankommt: Über 300 Patienten pro Jahr wurden bereits im Provisorium stationär behandelt. Zudem nutzten insgesamt rund 250 Patienten (1999 bis heute) die Tagesklinik; weitere 4 000 betreute das Team konsiliarisch mit. Der Großteil aller Patienten stammt aus dem Kreisgebiet. Genau das war die Absicht des EVK: Es wollte eine ortsnahe Versorgung für psychisch Kranke schaffen. Wege nach Gummersbach, Köln oder Langenfeld können nun entfallen.

Positiv fürs Krankenhaus: Es kann das Know-How der integrierten psychiatrischen Klinik für die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den übrigen Fachabteilungen nutzen. Denn - je nach Studie - 15 bis 40 Prozent aller Patienten eines Allgemeinkrankenhauses leiden an psychischen, psychosomatischen und / oder psychosozialen Erkrankungen. Die Behandlung seelischer Faktoren kann die körperliche Heilung entscheidend beeinflussen. Nachgewiesen ist beispielsweise, dass Depressionen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vervierfachen. Die Sterblichkeitsrate bei Menschen mit Herzinfarkt ist innerhalb der ersten zwölf bis 18 Monate dreimal höher, wenn sie unter Depressionen leiden. Im Umkehrschluss heißt das: Wer der Psyche hilft, hilft auch dem Körper. Zurücklehnen gilt im Übrigen nicht. "Jetzt fängt's erst richtig an", meint Professor Schultz-Venrath. Dazu gehört vor allem der zweite Bauabschnitt. Die Grube ist ausgehoben; 3,84 Millionen Euro sollen für den zweiten Trakt verbaut werden, damit die Klinik Ende 2005 über 90 Betten verfügt. Besonders freut sich der Chefarzt auf die Ambulanz: "Jeder, der sich in Not fühlt, kann einfach kommen. Auch ohne Überweisungsschein."

^

 
Zurück zu: Archiv   Text-Archiv 2003   Aktuelles