Heft
2/2003 Juli - September 2003

Dr.
Annika Edelmann geht nach Krefeld: Wirtschaftsförderung des RBK verliert ihr
Gesicht, Bergisch Gladbach
Innovativer
Landwirt: Moderne Heizung erzeugt auch Strom, Bergisch Gladbach
Preisgekröntes
Handwerk: Mode-Atelier Schätzmüller, Kürten

Wirtschaftsförderung
des Kreises verliert ihr Gesicht
Dr.
Annika Edelmann hat die RBW in vier Jahren als Geschäftsführerin geprägt
Als sie kam, war sie 34 Jahre jung: Am 18. Januar 1999 begann Dr. Annika
Edelmann ihren Dienst als Geschäftsführerin der Rheinisch-Bergischen
Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH im Rheinisch-Bergischen Kreis. Der Fünf-Jahres-Vertrag
wurde jetzt vorzeitig zum 30. Juni aufgelöst. Anlass war ein lukratives Angebot
der Seidenstadt vom Niederrhein: Zum 1. Juli übernimmt sie die Geschäftsführung
der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Krefeld mbH. Eine Aufgabe, für die der
dortige Kämmerer für dieses und nächstes Jahr jeweils drei Millionen Euro
eingeplant hat.
Trotz
der herzlichen Aufnahme in Krefeld fällt Dr. Annika Edelmann der Abschied vom
Bergischen nicht leicht. Das fünfköpfige RBW-Team und der Kontakt zu
zahlreichen Unternehmern und Entscheidungsträgern der Region werden ihr fehlen.
„Ich gehe zudem mit dem Gefühl, dass hier nicht alles fertig geworden ist,
was ich mir vorgenommen hatte“, sagt die 39-Jährige. Die promovierte
Philologin, die Geschichte und Romanistik studierte und anschließend als
Referentin des Aachener Bürgermeisters und bei der Industrie- und Handelskammer
Aachen arbeitete, ist im Rheinisch-Bergischen Kreis mit der Vision angetreten,
zwischen den acht Kommunen und der Kreisstadt eine effektive Binnenkommunikation
herzustellen. „Das ist mir vielleicht nicht ganz gelungen.“ Arbeitsplätze
und ein wirtschaftsfreundliches Klima zu schaffen, sind für die Wirtschaftsförderin
„normal“. Darüber hinaus hätte sie gerne das Wir-Gefühl der Region noch
intensiver gestärkt. „Nur wenn ich mich selbst liebe, kann ich andere lieben.
Das gilt für den Menschen“, sagt Dr. Annika Edelmann. „Auf eine Region lässt
sich das übertragen: Nur wenn sie eine eigene Identität entwickelt hat, kann
sie nach außen hin stark auftreten.“ Themen, die angepackt würden, sollten
sich weniger an Trends orientieren, sondern mehr an den Besonderheiten der
Region. Wie es mit der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft
weitergeht, ist noch völlig offen. Die Politik wird entscheiden. „Ich wünsche
dem Rheinisch-Bergischen Kreis und den vielen engagierten Unternehmern in jedem
Fall, dass es ihnen gelingt, die Produkte und Reize des Bergischen künftig
zugkräftig nach außen darzustellen und zu vermarkten“, sagt Dr. Annika
Edelmann. Und sie selbst? „Ich habe eine große Vorfreude auf Krefeld.“
Ute Glaser
(im Heft: Unternehmer-Statements zum Abschied)

Ein „Dachs“ der heizt und spart
Bauer erzeugt seinen Strom selbst – Kürtener Firma zeigt, wie’s
geht
Der Bauernhof der Familie Hey hat Zuwachs bekommen: Zu den 78 Milchkühen
und dem Bullen hat sich jetzt noch ein „Dachs“ gesellt. Mit 520 Kilogramm
ist es ein schwerer Brocken, allerdings äußerst pflegeleicht. Er braucht fast
keine Betreuung, solange er ausreichend Nahrung erhält: bei Heys Öl, ansonsten
aber auch gerne Gas oder Rapsöl. Denn dieser „Dachs“ ist eine
Heizungsanlage der besonderen Art. Sie wärmt nicht nur Gebäude und Wasser,
sondern erzeugt auch Strom und soll überdies nach ein paar Jahren zur Spardose
werden.
Huberta
und Hans Peter Hey sind die ersten Landwirte im Rheinland, die mit einem
„Dachs“ in die Eigenstromerzeugung eingestiegen sind. Für einen
Milchviehbetrieb wie den ihren in Bergisch Gladbach gibt es wenig Möglichkeiten,
Kosten zu sparen, und sie hat überzeugt, was Michael Montag ihnen vorgerechnet
hat. Rund 4000 Euro, so der Geschäftsführer der Montag & Rappenhöner GmbH
aus Biesfeld, kann der Hof alljährlich durch die neue Heizanlage einsparen.
Zwar hat ihr Einbau 17 000 Euro gekostet, doch bei dem hohen Energiebedarf des
Hofs amortisiert sich diese Investition bereits nach viereinhalb Jahren. Danach
hat die Familie jedes Jahr 4000 Euro weniger Ausgaben. Hochgerechnet auf die
20-jährige Lebenszeit des „Dachses“ könnten das durchaus 60 000 Euro mehr
im Portemonnaie sein. Wie der Spareffekt entsteht? Zum einen entfällt für
Heizkraftanlagen wie den „Dachs“ die Mineralölsteuer. Dadurch haben Heys
allein etwa 700 Euro Steuerersparnis im Jahr. Hinzu kommt, dass die Anlage nicht
nur 15 bis 20 Kilowatt Wärme pro Stunde erzeugt, sondern gewissermaßen
nebenbei auch noch 5,5 Kilowatt Strom. Diese selbsterzeugte Energie betreibt
inzwischen alle stromfressenden Geräte des Hofs ganz kostenlos: Melkmaschinen,
Kühlung, Gülle- und Wasserpumpe sowie alle Haushaltsgeräte. Angesichts des
Jahresstromverbrauchs von gut 35000 Kilowattstunden ist die Einsparung durch die
Gratis-Energie aus dem Keller enorm. Da der Strom beim Heizen als
„Abfallprodukt“ entsteht, können im Sommer Versorgungslücken auftreten,
die automatisch vom öffentlichen Netz abgedeckt werden. Diese Stromkosten entstünden
zwar, sagt Michael Montag, würden aber wettgemacht durch den Erlös aus
eingespeistem Strom. Denn immer wenn die 5,5 Kilowatt selbsterzeugter Strom
nicht komplett vom Bauernhof benötigt werden, wird die ungenutzte Energie ans
öffentliche Netz abgegeben. Das wird mit etwa 7,8 Cent pro Kilowattstunde vergütet.
Am Zähler können Heys dann ablesen, was ihr „Dachs“ gerade mal wieder
verdient.
Michael
Montag hat die innovative Heizanlage auch schon bei Hotels eingebaut und natürlich
im eigenen Fachwerkhaus, wo er nach etwa neun Jahren jährlich 2000 Euro mehr in
der Tasche haben wird. Der Geld-Gewinn sei aber nur der eine Vorteil dieses
Kraftwerks, betont er mit seinem Kompagnon Michael Rappenhöner. Die andere
Seite sei der ökologische Gewinn, weil Energieverluste durch lange Wege
zwischen Erzeuger und Nutzer wegfallen. „Heys ersparen unserer Umwelt 15
Tonnen CO2-Belastung im Jahr.“ Deshalb will die Firma für den „Dachs“ künftig
noch mehr werben. In Kürten haben sie bereits eine einzigartige
Dauer-Ausstellung eröffnet, die mehrere Heizungen in Betrieb zeigt. Natürlich
auch den „Dachs“. In diesen Räumen werden sie demnächst für dessen
Hersteller Senertec, Weltmarktführer im Bereich der Kleinblockheizkraftwerke,
die „Senertec Center Rheinland GmbH“ eröffnen. Die Firmengründung läuft
gerade und ab Januar 2004 wird dort eins von bundesweit etwa 20 Kompetenzteams
sitzen, um „von Bergisch Gladbach bis ins Ruhrgebiet“ für den „Dachs“
und andere tierische Heizideen zuständig zu sein.
Ute Glaser
Kontakt:
Montag & Rappenhöner GmbH
Wipperfürther Straße 217
51515 Kürten-Biesfeld
Tel.: 0 22 07/56 70
Fax: 0 22 07/37 76
info@montag-rappenhoener.de
www.montag-rappenhoener.de
Dauer-Heizanlagen-Ausstellung
mit Live-Betrieb:
Talblick 2
51515 Kürten
geöffnet: mittwochs 16 – 20 Uhr und nach Vereinbarung
Bauernhof Familie Hey
Unterthal 3
51465 Bergisch Gladbach
Tel.: 0 22 07/55 48

Perfekter
Sitz für alle Anlässe
Mode-Atelier Schätzmüller schneider Kunden die Wünsche auf den Leib
Ihr herzliches Wesen erinnert an Miss Marple, und das gleich im
Doppelpack: Freundlich, wach, bescheiden und flink sind die Schätzmüller-Zwillinge
Gisela und Hildegard. Der Stoff, auf den sie ihr Augenmerk richten, wird jedoch
nicht von Krimiautoren erdacht, sondern liegt leibhaftig vor ihnen: glatt,
wollig, weich, bunt, uni oder schillernd. In jedem Fall eine Herausforderung für
die beiden 68-Jährigen. Denn aus den verschiedensten Materialien schneidern sie
ihren Kunden die Wünsche auf den Leib. Und das so perfekt, dass zahlreiche
Modelle Medaillen und Urkunden erhielten.
„Mode-Atelier“
steht auf dem Türschild in Kürten-Olpe, Geschenk des verstorbenen Kürtener
Graveurs Rudolf Niedballa. Er ging bei den Damenschneiderinnen genauso ein und
aus wie Liedermacherin Monika Kampmann, Karnevalisten, Ärzte, Geschäftsfrauen,
Bräute und andere Zeitgenossen, die Wert auf gute Kleidung und handwerkliche Präzision
legen. Reguläre Öffnungszeiten gibt es bei Schätzmüllers genauso wenig wie
Fax oder Mailadresse. Dafür unkomplizierte Terminierungen und persönliche
Atmosphäre. Hier folgt auf das „Wir haben gerade Pause“ nicht die Bitte um
späteres Wiederkommen, sondern durchaus eine Einladung ins Wohnzimmer:
„Kommen Sie doch rein. Wollen Sie auch einen Tee?“
Zu weite Hosen, falsch sitzende Westen, zu eng gewordene Röcke oder unmoderne
Jacken: Für Laien scheinbar unlösbare Probleme sind für die Zwillinge meist
ein klarer Fall. Konzentrierte Blicke aus zwei Augenpaaren, hier eine Nadel zum
Abstecken, dort ein Zupfen zum Überprüfen des Stoffs und der Kunde wird bis
zur Anprobe entlassen. Ihr ganzes Können stellen die Schwestern aber vor allem
bei Neuanfertigungen unter Beweis. Kleider für wichtige Anlässe wie
Hochzeiten, Bälle, Jubiläen, Auftritte und Geschäftstermine sind ihre
Spezialität. „Die Stoffe dafür werden dann hier ausgesucht“, sagt
Hildegard Schätzmüller, die über zwei Jahrzehnte lang Mitglied der
Vollversammlung der Handwerkskammer zu Köln war. Mit dem Maßband um den Hals
zeigt sie die aktuelle Kollektion. Im Frühjahr und Herbst gibt’s jeweils eine
neue.
Kaum zu glauben, dass die beiden Schneiderinnen schon seit über 50 Jahren
kreativ an der Nähmaschine sind. Nach der Volksschule hatten sie zunächst zwölf
Jahre lang getrennt in Kürten und Bergisch Gladbach gelernt und gearbeitet,
dann – als Gisela Schätzmüller den Meisterbrief erhielt – machten sie sich
im Olper Elternhaus selbstständig. Unter dem Dach ist seither ihr schöpferisches
Reich. Dort wirken die beiden Frauen, die in der Freizeit gern kegeln, an großen
Tischen zwischen vier Nähmaschinen, Kleiderständern, Tausenden von Nadeln und
einem unerschöpflichen Garn-Arsenal. Das kesse Outfit der Steinenbrücker
Schiffermädchen ist hier genauso entstanden wie das diesjährige Kostüm des Dürscheider
Prinzen. Eine Session zuvor hatte Bechens Prinzessin ein neues Kleid erhalten.
Auch die grün-schwarzen Zunftjacken der Glaser-Innung Köln-Bonn-Aachen kommen
aus dem Olper Atelier.
„Auf den Kunden einzugehen, ist das A und O“, verrät Gisela Schätzmüller
einen Grund ihres jahrzehntelangen Erfolgs. Denn wer die Stiege unters Dach
hinaufsteigt, kommt oft mit konkreten Vorstellungen, Heften, Bildern oder sogar
Stoffen. Wunschgemäß entstanden so schon ausgefallene Brautkleider in Rot und
Grün. Das zweite Plus, das Kunden an den Schneiderinnen schätzen: Sie arbeiten
sehr exakt. Schlitze, Biesen, Abnäher, Knopflöcher und Kragen: Alles sitzt
perfekt. Juroren honorierten das mit zahlreichen Auszeichnungen. „Wir haben
immer Preise bekommen“, erzählt Gisela Schätzmüller. Bronze, Silber, Gold
– die Schätzmüller-Stücke lagen bei Model-Wettbewerben des Innungsverbands
Nordrhein-Westfalen stets vorne und wurden meist vom Fleck weg verkauft. Der
cognacfarbene Wildseiden-Hosenanzug zum Beispiel oder der schwarze Dreiteiler
aus Spitzen-Shorts, Top und Organza-Mäntelchen.
Schneidern die Schwestern auch für sich selbst? Was für eine Frage! „Ich
ziehe nur etwas an, was ich selbst genäht habe“, sagt Gisela Schätzmüller
und zupft schnell ein Fädchen von der Bluse. Einzig an einen gekauften Mantel könne
sie sich erinnern. „Da muss ich aber weit zurückdenken.“
Ute Glaser
Kontakt:
Mode-Atelier Schätzmüller
Kürtener Straße 2
51515 Kürten
Tel.: 02268/6206
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