UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

8. April 2002

Koelner Stadt-Anzeiger online - www.ksta.de

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Meister im Spiel mit der Feder

Das Spiel mit der Feder ist seine Leidenschaft: Der Grafiker und Kalligraph Franz Toenniges (79) sichtet sein Lebenswerk für eine letzte Ausstellung.

Kürten - Der kleine Mann mit dem großen Herzen wirkt melancholisch. In seinem Atelier hat er Bücher aufgeschichtet und Bilderrahmen sortiert. In seinem 80. Lebensjahr bereitet sich Franz Toenniges auf eine Abschiedsvorstellung vor. Sie soll einen Überblick über sein gesamtes kalligraphisches Werk bieten in über hundert Exponaten. Die Ausstellung wird jedoch weder in seiner Heimatgemeinde Kürten noch im Rheinisch-Bergischen Kreis zu sehen sein. Toenniges zeigt „Mehr als schöne Schriften“ im Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott vom 14. April bis 28. Juli.

Das ist kein Zufall, sondern Teil seines inneren Programms. Denn so sehr sich der 79-Jährige als Heimatforscher auch um die bergische Region verdient gemacht hat, so sehr ist er doch immer noch seiner schlesischen Heimat verbunden. In Frankenstein wurde er geboren, in Breslau ging er zur Schule. Dort wurden auch seine ersten Spruch-Postkarten gedruckt. Bis heute laute sein Credo: „Ich liebe dieses Schlesien, das mich prägte und immer wieder motiviert.“

Bescheiden wie Toenniges selbst ist sein Handwerkszeug, das er in einer Vitrine zeigen wird. Ein Stück Papier, Tusche, Radiergummi und vor allem die Bandzugfedern genügen dem Kalligraphen. Denn das wahre Kapital ruht in der Schreibkunst selbst. Es liegt in seiner Fähigkeit, den Buchstaben Ausdruck zu verleihen, sie zum Sprechen zu bringen. Mal schwungvoll und dick, mal zierlich und fein, mal modern und mal mittelalterlich anmutend. „Das ganze Schriftbild muss Spannung haben“, sagt der 79-Jährige über seine Arbeit.

Eigentlich hätte der junge Toenniges mit Klavierspiel seine Freizeit füllen sollen. Doch der Vater, der selbst gerne Graphiker geworden wäre, erkannte bald, dass nicht Tasten, sondern Schreibfedern zu den Händen seines Sohnes passen. Als 13-Jähriger begann der Gymnasiast daher schon, sich in der Kunst des schönen Schreibens zu üben. Mit 14 Jahren war sein erstes Buch fertig: Ein kalligraphisches Album über seine Heimatstadt Frankenstein, das er nicht nur selbst textete und schrieb, sondern auch mit Zeichnungen schmückte.

Zwischen diesem Buch und einem Entwurf für ein Glasfenster, das Toenniges 2001 mit Frankenstein-Motiv als Auftragsarbeit schuf, entfaltet sich das Lebenswerk des Kalligraphen in seiner Ausstellung. Unter den weiteren Ausstellungsstücken sind die „Skizzen aus Italien“, die der 21-Jährige als Funker während des Zweiten Weltkrieges fertigte und Gedichte aus dieser Zeit.

Anrührend ist der mit zarten Zeichnungen illustrierte Band „Gedichte an mein Kind“, der an die mit elf Jahren gestorbene Tochter Claudia erinnert. Ein Muss unter den Exponaten ist die Kopie des Schriftkreises, den der Kalligraph bereits 1948 auf Bitten des Kölner Dombaumeisters Willi Weyres entwarf: Er erinnert mit lateinischer Inschrift an den Sturm, der am 28. Oktober 1434 einen Stein durch das Dach des Kölner Doms schleuderte. 1,50 Meter Durchmesser hatte der Entwurf des Schriftkreises, der immer noch im Scheitelpunkt des Ostchors das Deckengewölbe ziert.

An seinem Stehpult arbeitet der Kürtener am liebsten. Und obwohl dort die faszinierendsten Schriften entstanden sind, ist die Kalligraphie für den Schreibkünstler doch stets ein Hobby geblieben. Denn nach der Schulzeit und der Ausbildung zum Graphiker an der Kölner Werkkunstschule - mit den Schwerpunkten Kalligraphie und Heraldik - ist Toenniges in die Werbebranche gegangen.

Das Schwierige an der Kalligraphie? „Es muss laufen“, sagt Toenniges. Eine Arbeit müsse immer ein Wurf sein. Verbessern ist auf Pergament nie und auf anderen Papieren nur begrenzt möglich. Und Eile ist tödlich. Unter Zeitdruck lasse sich ein kalligraphisches Meisterwerk nicht schaffen, verrät Toenniges, der Gebetbuchblätter genauso schuf wie Speisekarten, Postkarten und den Kürtener Ehrenbürgerbrief für Karlheinz Stockhausen. Die geistige Sammlung, die innere Ruhe seien entscheidend für das Gelingen.

Der Gegenstand des Textes sei im Grunde egal. Es käme auf die Gestaltungsmöglichkeiten an. „Für mich liegt die Faszination darin, mit der Feder zu spielen. Deshalb gestalte ich am liebsten da, wo man auch gestalten kann - also kurze Texte.“

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