UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

30. Januar 2003

Koelner Stadt-Anzeiger online - www.ksta.de

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Unermüdlich unterwegs

Tatkräftig und unermüdlich, so haben viele die Diakonieschwester Else Billing noch in lebhafter Erinnerung. Heute feiert sie ihren 90. Geburtstag.

Bergisch Gladbach - Wenn Schwester Else, wie alle sie nennen, ihren Geburtstagskuchen anschneidet, werden viele Gäste bei ihr sein und noch mehr Menschen an sie denken: Das Gesicht der rührigen Diakonieschwester, das unter dem gestärkten weißen Häubchen freundlich in die Welt blickt, hat sich ins Gedächtnis vieler Gladbacher eingebrannt. Denn für die Familien, Kranken und Einsamen im Bergisch Gladbach der Nachkriegszeit war Schwester Else unermüdlich unterwegs - und das blieb 30 Jahre lang so.

Als Else Billing 1947 an die Strunde kam, war die Not am härtesten, allein 32 Flüchtlingslager gab es im Stadtgebiet. Die junge Frau verteilte Carepakete der Amerikaner, saß bei Sterbenden am Bett, versorgte Kranke und brach jeden Morgen zu einer „Spritz-Tour“ auf, um Diabetikern ihr Insulin zu verabreichen. Sie war als Gemeindeschwester der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach im Einsatz und ihr Terrain entsprechend groß: Es reichte von Schildgen bis Heidkamp und von Herrenstrunden bis Hand. Alle Strecken galt es, mit dem Fahrrad zu bewältigen - bei Hitze, Regen und Schnee. Schwester Else beklagte sich nie, war einfach da, wenn jemand sie brauchte. Später schaffte die Gemeinde für sie ein „Hermännchen“ an, das legendäre Kleinstmotorrad, und wiederum fünf Jahre später brauste die unerschrockene Schwester auf einer „Lambretta“ zu ihren Einsatzorten - weithin erkennbar an den wehenden Rockschößen ihrer Schwesterntracht. Glücklich war sie dann, als sie vom Erbteil der Eltern ein Auto finanzieren konnte.

Heute ist das Leben für Else Billing ruhiger geworden. So, wie sie früher anderen half, braucht sie jetzt Unterstützung fürs Aufstehen und bei der Bewältigung des Tagesablaufs im Appartement des Helmut-Hochstetter-Hauses. Die Gegenwart will sich ihr manchmal entziehen, doch ihre Augen blitzen so hell und wach wie eh und je. Ihr Blick fällt auf ein Regal, in dem sich Fotoalben drängen. „Da gibt es einige nette Bilder von unseren Anfangsjahren“, sagt die Jubilarin lächelnd. Mit „uns“ meint sie sich und ihr Pendant, Schwester Elfriede, die zweite Gemeindeschwester und fast so etwas wie ihr „Zwilling“. Mit Schwester Elfriede lebte Else Billing im Küsterhaus neben der Gnadenkirche - Klaus Peter Jung, der Sohn des damaligen Küsters, hat noch viele Erinnerungen an seine „Tante Else“, die ihn jeden Morgen in die Andacht „mitschleppte“.

Krankenschwester war von Kind an der Traumberuf für Else Billing, die bei der Rheinisch-Westfälischen Diakonie in Köln als Lernschwester eintrat und dann zum Hessischen Diakonieverein wechselte. Viele Orte in Deutschland lernte sie kennen, bevor sie nach Bergisch Gladbach kam. Hier fasste sie Fuß und fand mit ihrer herzlich-resoluten Art viele Freunde. Neben der Arbeit mit Kranken und Alten - die bereits mehr als acht Stunden am Tag einnahm - bereitete sie auch Jugendliche auf die Konfirmation vor, gab Religionsunterricht an mehreren Schulen, baute die Gemeindebücherei auf und leitete sie natürlich auch. Das sei mit sehr viel Schreibarbeit verbunden gewesen, seufzt die Jubilarin, die dennoch nichts lieber tat, als ihre Kraft dort einzusetzen, wo sie gebraucht wurde.

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