Story:
Zwei junge Männer gehen als Friedensdienstler für ein Jahr ins Ausland Friedensdienst: freiwillig in die Fremde
Bergisch Gladbach - Eigentlich war Kapstadt ihr Traum. Aber jetzt geht Kai Hensel (20) aus Herrenstrunden nach London und David Harbeke (19) aus Hand nach Paris. Ein Jahr lang arbeiten sie unentgeltlich im Rahmen des Freiwilligen Friedensdienstes, den die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) organisiert. Kai begleitet an einer deutschsprachigen Schule Kinder im Förderunterricht; David hilft Jugendlichen aus Bürgerkriegsgebieten, die ohne ihre Eltern nach Frankreich geflüchtet sind. Um richtig vorbereitet zu sein, nahmen sie an einer zehntägigen Schulung teil und an einem zehntägigen Workcamp in Tschechien. Alle Friedensdienstler lernten sich dabei kennen, bevor sie sich in alle Welt zerstreuen. „In diesem Jahr gehen 24 ins Ausland“, sagt Ralf Ramacher, Landespfarrer für Zivildienst und Freiwilligen Dienst. In den vergangenen Jahren sei die Zahl etwa gleich gewesen. Die Motivation der jungen Frauen und Männer ist ähnlich. Sie wollen sich persönlich weiterentwickeln und sind von der Fremde fasziniert. Kai lässt sich das Freiwilligenjahr zudem als Zivildienstzeit anerkennen. Dass er zwei Monate länger arbeitet als andere Zivis, ist ihm egal. Er freut sich auf die neuen Erlebnisse: „Man wächst hier in der Gesellschaft auf und kriegt nie etwas anderes mit. Es kann den Charakter nur positiv prägen.“ David ist wegen einer Allergie ausgemustert worden und absolviert das Auslandsjahr freiwillig. „Mal hier wegzukommen, ist ein wichtiger Schritt. Daraus werde ich viel Erfahrung für mein Leben ziehen“, ist er sich sicher. Die Chance zum Auslandaufenthalt in der elften Klasse ergriffen beide nicht. „Ich hatte keinen Antrieb“, sagt Kai. Zudem hätte er sich damals zu Hause „so superwohl gefühlt“. David ging's ähnlich. „Im Nachhinein bereue ich es“, sagt er. Umso eifriger bewarben sich die beiden Schüler für das Auslandsjahr nach dem Abitur am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium. Das sei viel Schreibarbeit gewesen und habe auch viel Frust gebracht, erzählen sie. Denn die Vorlaufzeiten für Bewerbungen seien bei den verschiedenen Organisationen sehr unterschiedlich und die Plätze rar. In einem Fall habe es für 40 Plätze 700 Bewerber gegeben, berichtet Kai. Unterstützung bekamen die jungen Männer von Pfarrer Thomas Werner. Als er von ihrem Auslandswunsch erfuhr, fragte er in einem Krankenhaus in Kapstadt nach einer Arbeitsmöglichkeit für die Gladbacher Jugendlichen. Außerdem knüpfte er die Verbindung zur EKiR als Träger des Freiwilligen Friedensdienstes. Bis dahin hatte er noch nie mit jungen Leuten zu tun, die ein Auslandsjahr absolvieren wollten. „Ich finde es gut, wenn junge Leute sich in der Welt umgucken“, begründet der Pfarrer sein Engagement. „Die Regel ist: Die jungen Männer machen ihren Schulabschluss hier, den Zivildienst hier und die Ausbildung auch hier - oder vielleicht noch in Köln. Die jungen Leute sind heute vielfach bequem geworden.“ Obwohl das Hospital in Kapstadt dem Pfarrer zwei Stellen für die Gladbacher
Jugendlichen zusagte, machte es im Juni plötzlich einen Rückzieher. „Aus
heiterem Himmel“, kommentiert David immer noch etwas enttäuscht. Doch er und
Kai hatten Glück: Landespfarrer Ralf Ramacher besorgte ihnen kurzfristig die
Stellen in Paris und London als Ersatz. „Da die Leute motiviert waren, haben
wir das kurzgeschlossen.“ „Keine Notlösung“, sagt David. Aber Kapstadt
bleibt ihr Wunschziel - sie planen, dort zu studieren, David
Wirtschaftsingenieurwesen und Kai Medizin. Freiwilliger
Friedensdienst www.zivildienstseelsorge.de
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