UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

 

Donnerstag, 10. Februar 2005
Heft 7/2005
    

Heidi Klum im Gespräch:
"In der fünften Jahreszeit muss ich im Rheinland sein"

"Warum ich so gerne jeck bin"

Es ist herrlich, wieder ein richtiges Zuhause zu haben. Jetzt erst merke ich, wie sehr ich es vermisst haben, einen festen Platz in New York zu haben, von dem ich weiß, dass ich da erst mal bleibe. Und Greenwich Village ist ein toller Ort. Die Häuser sind nicht zu hoc

Herrlich ist das Rheinland! Ich bin ja viel rumgekommen in der Welt, aber so eine fünfte Jahreszeit gibt es nirgendwo sonst. Ich liebe sie. Und natürlich alles, was dazu gehört: Kamelleregen, bunte Strüßjer, Schunkeln, Bützen und lachende Gesichter. Karneval ist immer ganz dick in meinem Kalender eingetragen. New York, Hawaii oder Kalifornien? Nein danke, sage ich dann. An den jecken Tagen muss ich unbedingt in meiner Bergisch Gladbacher Heimat sein. Selbst wenn’s regnen sollte. Denn im Grunde genommen scheint die Sonne sowieso, wenn ich mit Freunden feiere: im Herzen.

            Dieses Jahr hatte ich an Weiberfastnacht leider noch nicht rheinischen Boden unter den Füßen und musste so auf den Schnipp-Schnapp-Spaß verzichten. Schließlich kann ich anderswo nicht eine einzige Krawatte abschneiden! Aber auch so hatte ich viele tolle närrische Termine: Ich bin mit einem eigenen Wagen im Bergisch Gladbacher Sonntagszug mitgefahren und beim Kölner Rosenmontagszug auf dem Wagen der „Roten Funken“ als Ehrenleutnant. Das Kostüm hatten sie vorletztes Jahr für mich angefertigt, was ich als besondere Ehre empfand. Denn eigentlich gehören zu den „Roten Funken“ ausschließlich Männer! Auf ihrem Wagen durch die ausgelassene Domstadt zu fahren, ist ein Erlebnis der besonderen Art! Unfassbar sind diese Menschenmassen, die in den Straßen stehen, schunkeln und winken und von denen man glaubt, dass sie alle einem höchstpersönlich zujubeln.

Karneval – das ist von klein auf etwas Magisches für mich. Da verwandeln sich die Menschen. Da lässt sich mit kleinen Mitteln in eine andere Rolle schlüpfen. Das habe ich als Mädchen schon geliebt, als ich noch so klein war, dass ich auf den Schultern meines Vaters saß, um die Karnevalsgruppen richtig sehen zu können. Ich war mal Indianer, mal Rotkäppchen und natürlich auch mal Funkemariechen. Die meisten Kostüme hatte meine Mutter selbst genäht, später half ich ihr und fing an selbst verrückte Outfits zu kreieren. Bis heute mag ich es sehr, mich zu kostümieren und bis zur Unkenntlichkeit zu schminken. Meine Halloween-Partys in New York sind ein Versuch, diese Vorliebe in den karnevalsfreien Staaten wenigstens etwas auszuleben.

Aber selbst die beste Kostümfete kann natürlich dem echten Karneval nicht das Wasser reichen. Die Atmosphäre ist einzigartig. Ich erinnere mich, wie ich als Mädchen mit einer riesigen Plastiktüte am Zugweg stand und von den schönen Wagen und Fußgruppen fast nichts mitbekam, weil ich wie verrückt Kamelle vom Boden sammelte. Zum Fangen war ich noch zu klein. Meistens war die Tüte auf dem Nachhauseweg so voll, dass ich sie kaum noch schleppen konnte. Später war das natürlich uncool. Als Teeny stand ich mit meinen Freunden vor dem großen Kaufhaus in der Hauptstraße eher im Hintergrund und wir haben höchstens noch Schokolade und Strüßjer gefangen. An diesem Stammplatz stehe ich übrigens mit den alten Freunden immer noch, wenn ich nicht gerade im Zug mitfahre.

Im Karnevalszug mitzugehen oder mitzufahren, ist einfach unbeschreiblich für jemanden, der es nicht kennt. Als Kind war ich ein paar Mal dabei, dann natürlich in dem Jahr als meine Mutter Jungfrau im Bergisch Gladbacher Dreigestirn war. Dass ich jetzt zum dritten Mal mit einem eigenen Wagen (dieses Mal haben die Jecken aus Rösrath-Forsbach ihn mir geliehen) mitfahren konnte, war natürlich wieder ein besonderer Spaß. Und ich finde es lustig, dass alle Verwandte und Freunde mitmachen und in das gleiche Kostüm schlüpfen, so als seien wir alle Mitglieder einer großen merkwürdigen Familie. Versteht sich von selbst, dass unser Wurfmaterial aus etlichen Paletten Katjes-Süßigkeiten bestand!

            Worüber ich mich dieses Jahr besonders gefreut habe? Dass Dieter Porzberg, der sich bei www.oevermann.de in  Bergisch Gladbach um die Technik meiner Website kümmert, es tatsächlich hingekriegt hat, die Fotos direkt ins Internet zu stellen, die ich mit meinem Foto-Handy in Bergisch Gladbach und Köln bei den Karnevalszügen gemacht habe. So konnten sogar meine Freunde in USA ein bisschen live meinen Karneval mitfeiern und meine Heimat kennen lernen. Sie verstehen nun vielleicht etwas besser, warum ich an den tollen Tagen unbedingt immer nach Bergisch Gladbach muss. Das ist der Karnevalsvirus, der in unserer Familie steckt. Eine Art unheilbarer Krankheit mit ansteckender Fröhlichkeit. Ich suche bei Leni schon nach den ersten Symptomen!

Bis zum nächsten Jahr: „3 x Gläbbisch Alaaf!“ Vielleicht begegnen wir uns dann ja irgendwo im närrischen Treiben.

Aufgezeichnet von www.uteglaser.de

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